DAS ATMENDE KLARSEIN
2. Zykluskonzert
12.1.2025- 20.00 Uhr
Mozart-Saal, Wiener Konzerthaus
Programmfolge:
Ausführende:
Company of Music
Barbara Achammer, Katharina Linhard, Hannah Fheodoroff / Sopran
Martina Hübner, Heidemaria Oberthür, Magdalena Janezic / Alt
Sebastian Taschner, Jakob Gerbeth, Julian Podger / Tenor
Maximilian Schnabel, Maximilian Anger, Daniel Menczigar / Bass
Doris Nicoletti, Bassflöte
Germán Toro Pérez, Live-Elektronik
Markus Wallner, Tontechnik
Johannes Hiemetsberger, Leitung
Informationen zu den Werken:
Germán Toro Pérez: Cantos de Sombras (Schattengesänge)
4 Fragmente aus dem Roman “Pedro Páramo” von Juan Rulfo
2013, 25’ 8-Kanal
Auftragswerk von Peter Siegwart für das Vokal Ensemble Zürich
Schriftstellers Juan Rulfo und wurde als Teil eines Musiktheaterprojektes nach dem Roman Pedro Páramo konzipiert. Obwohl es nur schwer möglich erscheint, diese Texte einzuordnen, ohne den gesamten Kontext des Romans zu erfahren, könnten diese fragmentarischen Klangbilder wenigstens imstande sein, den Zuhörer in die Schattenwelt Rulfos einführen.
Druskininkai im Juli 2013 fertiggestellt.
Texte
(aus Pedro Páramo, Übersetzung von Dagmar Ploetz, Suhrkamp Verlag 2010)
I. El aire
„Ich dachte an dich, Susana. An die grünen Hügel. Wie wir in der windigen Zeit Drachen steigen ließen. Von unten hörten wir den lebendigen Lärm des Dorfes, aber wir standen darüber, oben auf dem Hügel, und der Wind riss die Hanfschnur mit sich. ‚Hilf mir, Susana.’ Und weiche Hände umfassten fest meine Hände. ‚Lass mehr Leine los.’ Der Wind brachte uns zum Lachen, führte unsere Blicke zueinander, während die Schnur mit dem Wind durch unsere Finger lief, bis sie mit einem leichten Ächzen riss, als habe sie der Flügel eines Vogels zerschnitten. […] Deine Lippen waren feucht, als hätte der Tau sie geküsst.“
»Mein Körper fühlte sich wohl auf dem warmen Sand. Ich lag da in der Meeresbrise, die Augen geschlossen, die Arme offen, die Beine ausgestreckt. Und vor mir das Meer, fern, das es kaum Schaumspuren an meinen Füßen hinterließ, wenn die Flut kam…« […]
»Das Meer umspielt meine Knöchel und weicht zurück, es umspielt meine Knie, meine Schenkel; es legt seinen weichen Arm um meinen Leib, flutet über meine Brüste zurück, es schlingt sich um meinen Hals, drückt auf mein schultern. Dann versinke ich in ihm, ganz und gar. Ich gebe mich ihm hin, seinem heftigen Drängen, seinem zarten Besitzen, ganz und gar.«
Auf die Felder im Tal von Comala fällt Regen. Ein dünner Regen, ungewöhnlich für diesen Landstrich, der nur Platzregen kennt. Es ist Sonntag. Die Indios sind von Apango heruntergekommen mit ihren Kränzen aus Kamillen, dem Rosmarin, den Thymianbündeln. Sie haben keine Fichtenspäne für die Fackeln dabei, weil die Fichten nass sind, und keinen Steineichenhumus, weil auch der vom vielen Regen nass ist. Unter den Arkadenbögen breiten sie ihre Kräuter auf dem Boden aus und warten.
»Ich habe den Mund voller Erde.«
»Ich habe den Mund voll von Dir, von deinem Mund.«
»Ich schlucke schaumigen Speichel. Ich kaue Erdbrocken voller Würmer, die mir im Hals steckenbleiben und den Gaumen aufkratzen … Mein Mund fällt ein, verzieht sich zu Grimassen, zerlöchert von den Zähnen, die ihn durchbohren und verschlingen. Die Nase wird weich. Die Gelatine der Augen schmilzt. Die Haare brennen in einer einzigen Lohe…«
»Ich habe den Mund voll von Dir, von deinem Mund.«
»Zu Glut wird das Mark unserer Knochen und die Adern unseres Bluts zu Feuerfäden, und wir bäumen vor unsagbarem Schmerz, ein Schmerz der nie nachlässt, den der Zorn des Herrn immer neu schürt.«
»Ich habe den Mund voll von Dir, von deinem Mund.«